Sigurd von Koch (1879−1919)

Die geheimnisvolle Flöte
Fünf chinesische Lieder

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1. Die Lotusblumen (Li-Tai-Po)
2. Traurige Frühlingsnacht (Li-Song-Flu)
3. Der unwürdige (La-Ksu-Feng)
4. Herbstgefühl (Lo-Tschan-Nai)
5. Die gehemnisvolle Flöte (Li-Tai-Po)

  • Year of composition: 1916
  • Work category: Voice and piano
  • Text author: Li-Tai-Po, Li-Song-Flu, La-Ksu-Feng, Lo-Tschan-Nai, Li-Tai-Po (German trans. by Hans Bethge)
  • Dedication: Madame Charles Cahier gewidmet
  • Duration: Approx. 10-15 min

Examples of printed editions

Elkan & Schildknecht, Emil Carelius
E.C. 95

  • Location autograph: Musik- och teaterbiblioteket

Description of work

1. Allegretto A-flat major 3/4
2. Andantino G-sharp minor, A-flat major 3/2
3. Allegro giocoso G-flat major, C major 2/4
4. Andante maestoso B-flat minor 4/4 (C)
5. Allegretto misterioso B-flat minor 3/4, 2/4


Libretto/text

1. Im Mondlicht glitzern tausend kleine Wellen. Das helle Grün des Wassers glänzt wie Silber. Man meint, es seinen ungezählte Fische, die auf dem Strom hinab zum Meere zieh'n.

Ich gleite einsam, in dem leichten Nachen. Nur hin und wieder reg' ich meine Ruder: Die Nacht und ihre Einsamkeit erfüllen mein Herz, mein junges Herz mit Traurigkeit.

Ich seh' im Mondlicht tausend Lotosblumen, mit Riesenblüten, die wie Perlen gleißen. Ich kose sie mit meinen Bambusrudern, sie rauschen auf, als sprächen sie vom Glück.

Sie neigen sich und winken liebestrunken, sie flüstern Trost in meine arme Seele. Ich blicke ganz beseligt auf sie nieder und meine Schwermut, die mich so bedrückte, sinkt wie ein dunkler Schatten von mir ab!

2. Geschrei der silbernen Fasanen klang melankolisch durch die Nacht, ich spielte dir auf meiner Flöte ein Lied, das auch nicht fröhlich war.

In dumpfer Trauer lag die Erde, wir wussten keinen Grund zu nennen, dass unsre Augen überflossen. Das Leben war wie Blei in uns.

Uns war so Bange wie den Blumen. Du liessest deine Hände hängen. Du sah mich an und sprachest müde: "Sei still, es wird vorüber gehn."

3. Schön ist die Linie deiner Augenbrauen, wie Porzellan sind deine Handgelenke und deine Wangen sind wie Pfirsiche.

Du wandelst wie ein Reh mit scheuen Füssen; und bringst du deinen Ahnen Totenopfer, so scheinst du gross wie eine Priesterin.

Du bist die schönste Frau am gelben Flusse und rein wie Neuschnee. Keine bösen Zunge wagt deines Herzens Reinheit anzutaten.

Gewähre mir, dass ich von ferne stehe, ich will ein Lied auf meine Laute suchen, das meine Lust und Qual dir künden soll.

4. Die Laute herab von der Wand! Deine und meine Schmerzen will ich singen, verblutender Herbst im Land.

Ihr schwarzen Schwäne im Dunkelblau segelt wie meine schwarzen Gedanken langsam und müde über die schlummernde Au.

Du stolzer Aglajabaum am Rain! Wo sind nun deine Blätter? Deine Äste ragen wie eine schwarze Harfe im Abendschein.

5. An einem Abend, da die Blumen dufteten und alle Blätter an den Bäumen, trug der Wind mir das Lied einer entfernten Flöte zu.

Da schnitt ich einen Weidenzweig vom Strauche, und mein Lied flog, Antwort gebend, durch die blühende Nacht.

Seit jenem Abend hören, wann die Erde schläft, die Vögel ein Gespräch in ihrer Sprache.